MyraPedia
Advertisement

Sekten - Religion

Eine Sekte (Partei‘, ‚Lehre‘, ‚Schulrichtung‘) ist eine ursprünglich wertneutrale Bezeichnung für eine philosophische, religiöse oder politische Gruppierung, die sich durch ihre Lehre oder ihren Ritus von herrschenden Überzeugungen unterscheidet und oft im Konflikt mit ihnen steht. Insbesondere steht der Begriff für eine von einer Mutterreligion abgespaltene religiöse Gemeinschaft.

Aufgrund seiner Geschichte und Prägung durch den Sprachgebrauch der Pantheon-Religionen[1] bekam der Ausdruck abwertenden Charakter und verbindet sich heute mit negativen Vorstellungen, wie der möglichen Gefährdung von etablierten religiösen Gemeinschaften oder Staatsreligionen, Reichen oder Gesellschaften. Bei der besonders neutral sich gebenden Grauen Föderation und an manchen Magierschulen[2] wird der Terminus „Sekte“ durch neutrale, nicht wertende Bezeichnungen wie religiöse Sondergemeinschaft oder neureligiöse Gemeinschaft ersetzt. Auch der Begriff „Neue religiöse Bewegung“ wird verwendet.

Manche unterscheiden Sekten von offiziellen Religionen anhand ihrer Rekrutierungsmechanismen: Sekten sind voluntaristische Gemeinschaften, in die man aufgrund einer persönlichen Entscheidung und nur nach eingehender Prüfung durch die Sekte aufgenommen wird. Im Gegensatz dazu sind offizielle Religionen für diese kulturelle Verbünde, in die man meist hineingeboren wird.

Ein anderer Ansatz[3] sieht in einer Sekte ein Organisationsmodell für den Selbstschutz kollektiver Minderheiten. Ihre weltanschauliche Basis ist eine Orthodoxie, die von einem festen Wahrheitsbegriff ausgeht: eine voraufgeklärte Orientierung, in der das Sein als unwandelbar und unvergänglich und nicht als durch Wahrnehmung veränderlich erkannt wird. Eine kommunikative Verständigung über die Grundlagen des Lebens[4] gilt ihr als blasphemisch und gefährlich. Zur Vermittlung der „wahren Lehre“ benötigt sie organisatorisches Handeln und prägt über die indoktrinierende Institution nicht nur das Weltbild der einzelnen Menschen, sondern auch deren Sprache in einer Weise, die die Verständigung mit Aussenstehenden erschwert.

Ein dritter einflussreicher verwendeter Ansatz unterscheidet Sekten und Kulte von offiziellen Religionen auf der Basis ihrer Ideologien. Offizielle religiöse Ideologien stehen dabei nicht im Konflikt mit ihrer gesellschaftlichen Umgebung, sondern affirmieren diese. Sekten und Kulte weichen dagegen ideologisch deutlich von ihrer gesellschaftlichen Umgebung ab. Zwischen Sekten und Kulten wird dabei auf der Basis des Entstehens der ihnen zugehörigen Ideologien unterschieden: Während Sekten, die aus bestehenden Religionsorganisationen hervorgehen, lange bestehende Glaubensbekenntnisse modifizieren, schaffen Kulte völlig neue Glaubenssysteme.

Dabei definieren manche Weise Religion als menschliche Organisation mit dem Ziel, auf übernatürlichen Annahmen basierende Kompensatoren für Deprivationen des Menschen bereitzustellen. Diese Bereitstellung erfolgt in drei Dimensionen:

  • weltliche Dimension: Vergabe irdischer Privilegien, vorherrschend in offiziellen Religionen
  • jenseitige Dimension: Spenden von Trost für Benachteiligte, vorherrschend in Sekten
  • universelle Dimension: Erfüllung tiefster Wünsche jedes Menschen unabhängig von seiner sozialen Situation.

Nibumir der Weise machte die Beobachtung, dass Sekten, entstanden als abspaltende Bewegung von großen Religionen, die Tendenz haben, ihrerseits offizielle Religionen zu werden, womit sie aber viele Bedürfnisse ihrer Mitglieder nicht mehr erfüllen können, was zu erneuten Abspaltungen führt. Auf dieser Feststellung aufbauend, konstatieren sie ein Spannungsverhältnis zwischen Sekten und Gesellschaft, bei dem sich aber beide Pole ständig in Bewegung befinden, was zu einer gesellschaftlichen Etablierung vorher bewusst minoritärer Gruppen führen kann. Die Übergänge zwischen „Sekte“ und „Kirche“ sind in diesem Modell fließend. „Kulte“ haben im Unterschied zu „Sekten“ eigene religiöse Wurzeln. Bainbridge und Stark unterscheiden drei Arten von Kulten:

  • Publikumkulte ohne formale Organisation
  • Klientenkulte mit formaler Organisation, die partielle Bedürfnisse abdecken
  • Kultbewegungen mit formaler Organisation, die universale Bedürfnisse abdecken.

Die Gruppen werden nach Art der angebotenen Kompensatoren unterschieden: „Magische“ oder spezielle Kompensatoren versprechen die Manipulation der Umwelt für eigene Ziele, „religiöse“ oder allgemeine Kompensatoren bieten ein universales Welterklärungsmodell an. Diese Unterscheidung geht auf Emile Durkheim zurück. Magie floriert, wenn wissenschaftliche Mittel zu ihrer Überprüfung fehlen oder nicht akzeptiert werden. Sie kann aber keine Organisation aufrechterhalten. Auf Magie basierende Kulte können sich zu Kultbewegungen mit universalem Welterklärungsanspruch entwickeln. Kultbewegungen provozieren, anders als unorganisierte Kulte, Widerspruch im gesellschaftlichen Umfeld.

Anmerkungen

  1. Gemeint ist hier nicht die Pantheon-Religion wie Laurentius oder Lukar der Weise sie vertreten, sondern die einzelnen offziellen Religionen des Götterhimmels die in der Genealogie der Götter nach Fra Martinus einsortiert werden.
  2. wie etwa der Manablanda auf Rillanon
  3. des Dweroj-Weisen Leter Bergefels
  4. So die Kosmogonie des Emtales von Tra-Zun


Advertisement