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DIE WINTERSCHLACHT VON ESBIS TEWET 412 nP auch "RABENSCHLACHT"

Nachdem im Kislew 412 nP die Truppen von Ataris überraschend in Tharlan eingefallen waren, stellte sich ihnen anfangs kaum Widerstand ent­gegen. Viele junge Krieger der Bergstämme der Gamaler, Godonen und Seiviren dienten in den Heeren der Bruderschaft, in ihren Dörfern waren oft nur sehr alte und sehr junge Bewohner. Aber auch in Dörfern, in denen Kriegs- und kampfgeübte Männer lebten, konnten diese es nicht wagen, den Invasoren offenen Widerstand zu leisten. Zu groß war die Übermacht.

Noch während die Kämpfe um die Burg Rasapha tobten, stieß ein erheb­lich kleineres, atarisches Heer über die große Straße zwischen Minja und Borga vor, umging die letztere Burg und folgte der Straße in Richtung Chairedia. Dieses Heer zählte 5 800 Krieger. In Borga, seit dem Fall von Minja das Verwaltungszentrum der Strategie Esbis, hatte die Stratega Camara Nilda, von manchen "die Rote" genannt (wegen ihres kastanienfarbenen Haares), ein großes Aufgebot von Streitkräften der Bruderschaft zur Verfügung. Unter Kyrian Drakon l 400 Reiter, vor allem der peristrischen Meerleute aber auch Reiter der Bergstämme umfaßte diese Truppe. Unter Dermaid Tugur standen 11 000 Krieger. Diese setzten sich vor allem aus Kämpfern der Bergstämme zusammen, es waren aber auch Derchonten aus Chalkis und von den Meerleuten anwesend. Ebenfalls anwesend war Lar Tolumnius, der Stammeskönig der Gamaler, der von der atarischen Invasion während eines Jagdbesuchs bei Camara Nilda erfahren hatte. Er hatte zwar kein offizielles Kommando, jedoch führte er als Unterführer die Gamaler im Heer Camaras. Aufgrund der offensichtlichen Überlegenheit der Truppen der Bruder­schaft entschloß sich die Stratega, beraten und offensichtlich be­einflußt durch Dermaid Tugur und Lar Tolumnius, die Invasoren zu einer offenen Feldschlacht zu stellen. Sie folgte ihnen deshalb von Borga aus, dort nur eine kleine Besatzung von 3 800 Kriegern unter Nerion de Yrrkoon zurücklaßend.


DER UNTERGANG DER REITER[]

Auf der Seite der Bruderschaft befürchtete man, die atarischen Truppen könnten rascher vorankommen, als die eigenen Krieger. Um sie aufzu­halten und um ihren eigenen Männern Gelegenheit zu geben, den Vor­sprung der Atarier aufzuholen, beschloß Camara Nilda die Reiter des Kyrian einzusetzen.

Sie erhielten den Befehl, den atarischen Kriegern nachzusetzen, die Nachhut mit Fernwaffen (Pfeile, Wurfspeere) anzugreifen und sich auf kein größeres Gefecht einzulaßen. Durch die Tatsache, daß die Reiter schneller als die Krieger sein dürften, sollte diese Taktik von Er­folg gekrönt sein, dachte man auf der Seite der Bruderschaft. Tatsächlich erzielten Kyrians Reiter einige Erfolge. Zwar hatten die Atarier kaum unter den Angriffen seiner Männer zu leiden, allerdings wurde ihr Heer dadurch aufgehalten, daß sie immer wieder Front nach rückwärts machen mußten um sich dem Angriff entgegenzustellen. Anscheinend bemerkte auch der atarische Heerführer, welche Taktik die Reiter anwandten. Um sie auszuschalten nutzte er das Gelände des Hoch­landes hervorragend aus. Im Macheiras von Borga durchziehen viele Schluchten und unübersichtliche Täler das Land. In einem dieser Täler verbargen die Atarier ihre Krieger (hinter Büschen, in Erdlöchern und auf Bäumen) während die Nachhut hinhaltend gegen die Reiter kämpfte. Immer tiefer zog sich die atarische Nachhut durch das Tal zurück und die Reiter Kyrians, die den Anschluß nicht verlieren wollten, folgten ihnen. Als sämtliche Reiter ins Tal eingedrungen waren, brachen die Atarier aus ihren Verstecken hervor. Die Überraschung und die Übermacht, aber auch die kämpferischen Fähigkeiten, taten ein übriges.

Eine schnell angelegte Baumsperre am Eingang des Tales verhinderte einen Rückzug der Reiter. Kyrian Drakon selbst galoppierte gegen sie an. Es gelang den Reitern der Bruderschaft die Atarier auf die Sperre zurückzudrängen. Doch dort gerieten sie in Verwirrung, es gab kein Durchkommen! Die atarischen Truppen rückten nun mit gefällten Lanzen und stoßbereiten Schwertern vor, die Reiter wichen zurück, im Getümmel wurde Kyrian schwer verwundet und fiel vom Pferd. Danach gab es keinen organisierten Widerstand mehr, lediglich Einzel­gefechte, bis der letzte Reiter tot oder gefangen war. Späher des Hauptheeres unterrichteten Camara Nilda über den Untergang der Reiter Kyrians. In Eilmärschen war die Stratega herangezogen aber die Vernichtung ihrer Reiterei hatte sie nicht mehr verhindern können.


DER UNTERGANG DER KRIEGER[]

Auch die Atarier bemerkten das Erscheinen des Hauptheeres. Sie verließen die Schlucht und schlugen im Lychnos davon ein kleines Lager auf. Auch das Heer der Bruderschaft errichtete in einigen tausend Schritt Entfernung ein Lager. Auf beiden Seiten war man sich gewiß, am nächsten Morgen würde die Entscheidung fallen.

Der nächste Morgen zog mit kühlen Nebelschwaden heran. Im Hochland von Esbis kann es in den Wintermonaten empfindlich kühl werden. Vor allem, wenn man das warme Küstenklima gewöhnt ist.

Große Uthrraben zogen Kreise über dem Lager der Stratega und krächzten schauerlich. Vielen war dies ein Omen von übler Bedeutung, den diese ungewöhnlich großen Vögel kommen sonst nur in der Umgebung der Berges Uthr vor.

Zwei weitere Omen verbreiteten Unsicherheit in den Reihen der Bruder­schaft, oder zumindest bei denen, die sie bemerkten. Camara Nilda, die eine fähige Organisatorin aber keine Kriegerin ist, wollte auf ihrem Streitwagen hinter der Schlachtreihe ihrer Krieger, im Zentrum, bleiben und von dort den Verlauf der Schlacht lenken. Mit­kämpfen sollte sie nicht. Trotzdem legte sie aber einen Brustpanzer an, Beinschienen und einen Helm. Als man ihr diesen aufsetzte, geschah etwas Unerhörtes: Die Helmzier, ein vergoldeter Delphin, das Sinnbild der Größe der Bruderschaft, fiel herunter. Camara wurde bleich und murmelte: "Ein Zeichen der Götter." Die Helmzier wurde befestigt, die Stratega bestieg ihren Wagen, da scheute eines der kräftigen Berg­pferde, die vor den Wagen gespannt werden sollten. Vier- oder fünfmal stieg es auf, wollte sich nicht anschirren laßen, obwohl diese Bergpferde sonst für ihre gutmühtige Art bekannt sind. "Es will mich nicht zur Schlachtbank führen." , soll Camara diesmal gesagt haben. Doch dann wurde das Pferd ruhiger, man spannte an und die Truppen der Bruderschaft verließen ihr Feldlager.

Sie zogen auf die Ebene gegenüber dem Lager der atarischen Krieger, die dieses ebenfalls verlaßen hatten und Aufstellung nahmen. Die Truppen der Bruderschaft bildeten eine lange Schlachtreihe. Camara hatte die übliche Formation befohlen. Im Vortreffen standen die Leichtbewaffneten und die Fernkämpfer. Ihnen folgten die drei Treffen, wie sie in den Schlachtaufstellungen der Heere der Bruderschaft seit einigen Jahren üblich waren. Die Taktik Camaras war einfach. Die Fernkämpfer sollten die Atarier verwirren und schwächen, die Derchonten der drei Treffen sollten jeden. Widerstand brechen und die Atarier vernichtend schlagen.

Bei der überdeutlichen zahlenmäßigen Überlegenheit der Bruderschaft sollte dies keine Schwierigkeit sein. Selten ging ein Heer sieges­sicherer in eine Schlacht! Die atarischen Truppen hatten eine halbmondförmige Schlachtaufstellung gewählt, wobei jeweils die Flanken deutlich verstärkt waren und das Zentrum nach hinten gewölbt und schwächer (siehe Skizze 1). Die rechte Flanke wurde von einem morastigen Bach gedeckt, an der linken Flanke zogen sich einige tiefe Einschnitte durch das Gelände. Auf der Seite der Bruderschaft gaben die tiefen Töne der Muschelhörner, die auch bei Landschlachten Verwendung finden, das Zeichen zum Angriff.

Die Bogenschützen, Schleuderer und Speerwerfer rannten ungeordnet gegen die Reihen der Atarier an. Die Derchonten folgten im gemessenen Marschtritt und hielten ihre Formation ein.

Bereits zu Beginn der Schlacht zeigte sich der Mißerfolg der Bruder­schaft. Die Atarier, durch ihre zackenbewehrten Schilde hervorragend geschützt, hatten kaum Verluste durch die Fernkämpfer Camaras. Der erste Angriffsschwung war dahin, als die Atarier nun selbst angriffen, allerdings nur an den Flügeln, wo sie massierter standen, als im Zentrum. So kam es, daß die Derchonten des Ersten Treffens im Zentrum keinen Widerstand fanden und weitermarschierten, während die Krieger an den Flügeln ins Handgemenge mit den Atariern verwickelt wurden. Und diese verstanden es zu kämpfen! Schon bald bemerkten Dermaid Tugur, der den linken Flügel der Bruderschaft kommandierte, und Lar Tolumnius, dieser stand im Zentrum des Zweiten Treffens, daß Ataris hier Elitetruppen geschickt hatte. Erstklassig in der Ausrüstung und im Kampf, vermochten sie die Angriffe* des Ersten Treffens nicht nur abzuwehren, nein, sie drängten nach und warfen die Derchonten zurück. Vor allem am rechten Flügel der Bruderschaft fiel das Erste Treffen sehr schnell auf das Zweite zurück. Am linken Flügel gelang es Dermaid, den Ansturm abzufangen, die Atarier zurückzudrängen. Doch dann schloßen diese sich zu einem Schildwall zusammen, stürmten nach vorn, durchbrachen das Erste Treffen. Hier wurde Dermaid, der tapfer in den Reihen seiner Männer stritt, zuerst verwundet.

Zu diesem Zeitpunkt setzte Camara ihre Hoffnung auf das Zentrum ihrer Schlachtreihen. Dieses stand bereits tief zwischen den atarischen Flügeln, deren Zentrum verfolgend. Camaras Befehl an ihr Zentrum war nun, durchzubrechen und sich dann zu teilen, um die beiden atarischen Flügel von hinten anzugreifen. Doch das atarische Zentrum hielt stand! Dagegen begann der rechte Flügel der Bruderschaft, zunächst noch lang­sam, darin immer schneller und ungeordneter, zurückzuweichen (siehe Skizze 2) .

Am linken Flügel der Bruderschaft, der dem atarischen Angriff zunächst recht erfolgreich standgehalten hatte, begann sich nun herumzusprechen, daß Dermaid verwundet worden sei, ja im Gerücht hieß es bereits, er sei gefallen (was zu diesem Zeitpunkt noch nicht der Fall war). Dies verunsicherte die Derchonten zutiefst. Hinzu kam der völlig überraschende Widerstand der atarischen Truppen, die ja nicht nur dem eigenen Angriff standgehalten hatten, nein, sie griffen selbst ziemlich erfolgreich an! Und das für einen gefallenen Atarier mindestens zwei eigene Leute starben gab den Kriegern der Bruder­schaft ebenfalls sehr zu denken. Immer öfter richteten sich ihre Blicke nach hinten und so fanden die atarischen Schwerter vorn ihr Ziel .

Dermaid Tugur versuchte seine Leute zusammenzuhalten. Immer wieder rief er sie zum Angriff auf. Doch dann setzte ein atarischer Wurf­speer seinem Leben ein Ende. Und dies war auch das Ende des linken Flügels der Bruderschaft. Die Derchonten wandten sich ab und suchten sich hinter ihrem noch völlig intakten Zentrum in Sicherheit zu bringen.

Der rechte Flügel war bereits zusammengebrochen, die Krieger in Flucht begriffen. Nur das Zentrum stand noch. Und dieses rief Camara jetzt zurück, wenn nicht die Schlacht, so doch wenigstens das Heer zu retten. Lar Tolumnius galoppierte wie ein Rasender auf seinem Bergpferd kreuz und quer über das Feld, versuchte den Widerstand zu organisieren, aber auch seine Ganialer wurden nun auseinandergerissen, einzelne Trupps fochten noch erbittert um Überleben und Ausbruch aus der immer deutlicher werdenden atarischen Umzingelung. Nur noch wenige Krieger waren um den Stammeskönig, der mit gezogenem Schwert versucht, sich den Weg zu bahnen, als um den Streitwagen der Stratega der letzte Kampf entbrannte. Das Pferd des Königs stieg auf, brach von Geschossen getroffen zu Boden, der Reiter stürzte, ein Lanzenstoß traf den schon Verwundeten. Es war das Ende, die lange Nacht, wie es bei den Berg­stämmen heißt.

Zu diesem Zeitpunkt waren auf dem von Leichen übersätem Schlachtfeld nur noch etwa 200 Krieger der Bruderschaft am Leben. Sie hatten sich um ihre Stratega geschart. Auch die Atarier hatten hohe Verluste. Nur noch 700 von ihnen um­schlossen die Überlebenden Krieger Camaras.

Ein letztes Gemetzel wurde jedoch verhindert. Die Stratega von Esbis ergab sich mit den Resten ihres Heeres den Truppen Ataris'.

Diese vernichtende Schlacht hatte nicht nur den Verlust der Burg Borga zur Folge. Nein, sie trug auch wesentlich dazu bei, den Dux Nerus Chemnos von der Notwendigkeit der Kapitulation gegenüber den Angreifern der Bruderschaft zu überzeugen.


Quelle[]

Olybian, "VOM KRIEGE", Siwan 413 nP .


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